Titus Bernhard, Augsburg
Titus Bernhard ist der jungen Avantgarde in Deutschland zugehörig, deren Architektur frei von Stilzwängen eine eigene Modernität entwickelt. Ebenso wie das Vordenken und Entwerfen spielt Überzeugungskraft und das Argument für das Neue im alltäglichen Planungs- und Genehmigungsverfahren eine bedeutende Rolle. Titus Bernhard beweist mit seinen Projekten – Erstklassige Architektur ist möglich im administrativen Deutschland.
Die Ausstellung erläutert eindrucksvoll die Projekte Titus Bernhards anhand der Dokumentation ihrer Genehmigungsverfahren.
Zwei Schlüsselprojekte, das Ensemble 'SML' in Burgrieden bei Ulm (bestehend aus Wohnhaus, Agentur und Autosammlung zweier Familien) und das Haus 9x9 in Stadtbergen bei Augsburg (das mit viel Risikobereitschaft und großem Engagement aller Beteiligten, die Grenzen des örtlichen Bebauungsplanes auslotet) demonstrieren die entwerferische Entwicklung des Architekturbüros.
Verdeutlicht wird anhand dieser Projekte ihr Repertoire der klassischen Moderne bis hin zur Auseinander-setzung mit Architektur der Sinnestäuschung, Materialität in neuem Kontext, und deren haptische Reize sowie formale Prozesse, die den Kubus verlassen.
Ihre gestalterische Grundhaltung behandelt das Einfache. Reduziertheit erfordert besondere Sorgfalt in Planung und Detail: Strukturelle Klarheit, Beschränkung auf Wesentliches, Modulation des Lichtes, Materialfügung, Askese. Reduziertheit lässt aber auch Spielräume für überraschende Kombinationen und schafft die Möglichkeit, einzelne Objekte immer neu zu inszenieren.
Dabei bekommt die Untersuchung von Phänomenen aus dem sozialen Kontext und des Bauens mit "low budget” und ihre Umsetzung in der praktischen Arbeit zentrale Bedeutung. Der Anspruch an hohe handwerkliche und ästhetische Qualitäten wird zugrunde gelegt.
Neben der Präsentation zahlreicher laufender und in der Fertigstellung befindlicher Projekte dokumentiert die Ausstellung auch die Reaktionen der Bürger, Entscheidungsträger, Behörden auf ihre ungewöhnlichen Projekte. Die Betonung der Entscheidungs-, Planungs- und Bauprozesse bilden den besonderen Reiz der Arbeitsauffassung Titus Berhards.
In der Ausstellung steht dafür stellvertretend die Argumentation eines Rechtsanwaltes zur Aufhebung eines Baustops, ebenso wie ca. 100 Reaktionen von Nachbarn und Bürgern in Form von grafisch aufbereiteten Leserbriefen, e-mails, Zeitungsartikeln aus der regionalen und überregionalen Presse zum Haus 9x9.
Damit soll über die Dokumentation der architektonischen Tätigkeit hinaus ein Nachdenken über Grundlagen der Ästhetik, Sinn und Unsinn von Baugesetzen, Bebauungsplänen und Gestaltungssatzungen ausgelöst werden. Dies wird differenziert und substantiell und nicht polemisch vorgetragen. Die Ausstellung wird Anstoß geben, nachzudenken, wie alle Beteiligten ihren Beitrag zur Baukultur leisten können.
Die von der Münchener Agentur "C3 | wortundform" gestaltete Wand für die Ausstellung "Titus Bernhard" in der Galerie Aedes West illustriert die wachsende öffentliche Resonanz des Architekturbüros.
Chronologisch sind vergrößerte Zeitungsartikel, Korrespondenzen und Leserbriefe, die die Arbeit Titus Bernhards betreffen, auf die Wand tapeziert: Auf der einen Seite, in den frühen Jahren des Büros eher spärlich, zur anderen Seite hin umfangreicher und vielzähliger.
Überlagert werden diese Dokumente durch groß hervorgehobene, kurze Auszüge in farbiger Schrift, die den Betrachter bereits aus der Ferne ansprechen und zu den einzelnen Texten und Bildern führen.